Die aktuelle geopolitische Lage bleibt weiterhin von hoher Unsicherheit geprägt. Mit der bevorstehenden US-Präsidentschaftswahl und dem möglichen Wiederaufstieg von Donald Trump als zentralem Akteur stehen sowohl die transatlantischen Beziehungen als auch die globale Handelsarchitektur vor neuen Herausforderungen. Besonders die europäische Wirtschaft dürfte von einer zunehmenden Volatilität betroffen sein.
Handels- und Währungsrisiken durch US-Politik
Eines der markantesten Merkmale der Politik Donald Trumps ist ihre „Unvorhersehbarkeit“. Die wirtschaftliche Stabilität basiert jedoch auf Planbarkeit, insbesondere im internationalen Handel. Die Volatilität der US-Außenwirtschaftspolitik, exemplifiziert durch plötzliche Anhebungen und Rücknahmen von Zöllen, erschwert langfristige Investitionsentscheidungen. Besonders betroffen sind hierbei Unternehmen mit globalen Lieferketten.
Die Anhebung der US-Zölle gegenüber China war bereits seit Längerem antizipiert worden. Allerdings hat der CNY seit Anfang 2023 rund 10 % seines Werts gegenüber dem USD verloren, was eine partielle Kompensation der zusätzlichen Belastungen für chinesische Exporteure ermöglichte. Gleichzeitig haben sich chinesische Unternehmen strategisch diversifiziert und Produktionskapazitäten in Mexiko, ASEAN-Staaten und Ungarn etabliert. Europa hingegen gerät aufgrund fehlender strategischer Flexibilität zunehmend ins Hintertreffen.
Europas wirtschaftliche Schwäche als systemisches Risiko
Die politische Lage in Europa ist fragil. In Deutschland und Frankreich manifestiert sich eine zunehmende politische Instabilität, verstärkt durch den Aufstieg EU-skeptischer Bewegungen. Diese Entwicklung gefährdet den inneren Zusammenhalt der Europäischen Union, da eine der wesentlichen Bindungskomponenten – die Steigerung des Wohlstands – seit der Finanzkrise 2008 stark erodiert ist. Die Transformation von der PIGS-Krise hin zu einer Kernländerkrise zeigt, dass strukturelle Schwächen nicht mehr nur die wirtschaftliche Peripherie betreffen, sondern zunehmend die bislang tragenden Säulen der Eurozone unterminieren.
Russland und die geopolitische Neuordnung
Russland beobachtet die Situation aufmerksam und positioniert sich für mögliche Verhandlungen mit den USA. Die strategische Agenda Moskaus dürfte sich auf drei zentrale Forderungen konzentrieren:
- Freigabe eingefrorener Devisenreserven sowie eine schrittweise Lockerung der Sanktionen.
- Anerkennung russischer Gebietsgewinne in der Ostukraine sowie ein ukrainischer Rückzug aus der Region Kursk.
- Eine vertraglich garantierte Neutralität der Ukraine und der Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft.
Der militärische Blutzoll und die wirtschaftlichen Belastungen machen eine solche Lösung für Russland zunehmend attraktiv. Zeitgleich wird die Ukraine ohne westliche Unterstützung kaum mehr als sechs Monate durchhalten. Die Aufwertung des Rubels in den vergangenen Wochen signalisiert bereits eine antizipierte geopolitische Neuordnung.
Türkische Wirtschaft: Stabilisierung in Sicht?
Ein unerwartet positiver Faktor könnte die Türkei sein. Die geopolitische Dynamik – insbesondere das mögliche Ende des Assad-Regimes in Syrien und eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts – könnte der türkischen Wirtschaft positive Impulse verleihen. Die Lira stand in den vergangenen Jahren unter erheblichem Abwertungsdruck. Eine Entspannung der geopolitischen Risiken sowie eine wirtschaftliche Annäherung an die EU durch strategische Handelsabkommen könnten jedoch für eine Stabilisierung sorgen. Die strukturellen Herausforderungen bleiben bestehen, doch die Wahrscheinlichkeit einer moderaten Abwertung der TRY anstelle eines rapiden Verfalls steigt.
Zusammenfassung
Anpassungsdruck für Europa steigt. Die europäische Wirtschaft sieht sich mit wachsenden externen Unsicherheiten konfrontiert. Während China seine Lieferketten diversifiziert und die USA eine unberechenbare Handelsstrategie fahren, bleibt Europa strukturell verwundbar. Die geopolitischen Entwicklungen, insbesondere in Bezug auf Russland und die Türkei, dürften mittelfristig die globalen Handelsstrukturen nachhaltig verändern. Unternehmen und Investoren sollten daher verstärkt strategische Flexibilität in ihre Planungen integrieren, um die anhaltend hohe Unsicherheit erfolgreich zu navigieren.
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