Wenn man die Überlegungen in den Medien verfolgt, scheint es, dass die USD-Stärke eine weiterhin zu erwartende Tatsache ist. Ich bin nicht davon überzeugt, dass diese Entwicklung noch sehr lange andauern wird. Seit der USD 1,0860 EUR/USD (unteres Bandbreitenlevel 2023/2024) überwunden hatte, ging es sehr schnell nach unten für den Euro. Jetzt stehen wir bei Kursen knapp unter 1,03 EUR/USD und ich vermute, dass bei alledem, was die neue Regierung Trump lostreten wird, im ersten Halbjahr 2025 eine Annäherung an das Höchstniveau vom Oktober 2022 (0,96 EUR/USD) denkbar ist.
Höhere Zinsen sind keine Erklärung für USD-Stärke
Der USD ist nicht nur gegenüber dem Euro fest, sondern gleich ermaßen zum Pfund, zum Franken, zum Australischen Dollar und so gut wie allen Währungen in Asien mit ähnlichen Steigerungsraten wie gegenüber dem Euro.
Zinsunterschiede überzeugen nicht als Argument für Währungsentwicklungen. Sowohl das Pfund als auch der Australische Dollar sind höher oder gleich hoch verzinst wie der USD und verlieren ebenso deutlich wie der Euro zum USD.
Der Franken ist tiefer verzinst als alle Währungen im Schnitt und die stärkste Währung der Welt, die sich in den letzten 40 Jahren zum USD verdreifacht hat, obwohl der USD gut 2,5% p.a. mehr Zinsen gezahlt hat als der Franken.
Höhere Produktivität ist kein Grund für die USD-Dominanz
Vor 30 Jahren hat der Internetboom dazu geführt, dass die Me dien sich darin überschlugen, dass dies die US-Ökonomie um so vieles produktiver mache.
Diese Produktivitätsfortschritte sind im Jahr 2000 nicht von heute auf morgen vernichtet worden. Dennoch begann der USD im Herbst 2000 mit einem epischen Abwärtstrend, der ihn bis 2002 unter starken Ausschlägen nur moderat schwächte, bis sich 2008 aber eine Abwertung um 50% ergab.
Das Handelsbilanzdefizit ist kein Grund für USD-Schwäche – für längere Zeit
Die USA hatten schon sehr lange die Tendenz zu Handelsbilanzdefiziten, die sich auf lange Sicht als Belastung erwiesen, aber zum Teil überraschend lange Zeit ignoriert wurden. In der Regel schwellen die Defizite in der Handelsbilanz stark an, wenn die Rohstoffpreise stark steigen. Dies geschah 2004 – 2008 und 2020 – 2022, mit unterschiedlichen Folgen.
In den Nuller-Jahren verlor der USD bei sich ausweitendem Handelsbilanzdefizit enorm an Wert. 2020 – 2022 kam es zunächst zu moderater Abwertung des USD, mit Kriegsausbruch in der Ukraine aber zu einer deutlichen Aufwertung des USD gegenüber dem Euro (und den meisten anderen Währungen).
Ich denke, die Dynamik in der Defizitausweitung der Handelsbilanz in den Nuller-Jahren war deutlich stärker, als in den letzten Jahren und belastete so den USD stark. In den letzten 5 Jahren stieg das Handelsbilanzdefizit zwar weiter an, blieb in seiner Dynamik und Trendrichtung aber nicht so stark, wie in den Nullerjahren. Zudem wirkte der wichtigste Treiber für Währungskurse stark entgegen.
Der USD zeigte in der Vergangenheit und heute Stärke, wenn die Börsen stiegen
Ich widme mich in dieser Ausgabe mit einer im Grunde einfachen und leicht nachvollzieh baren Beobachtung, skizziere das aktuelle Umfeld und „bitte um Widerspruch“ für meine Ableitungen daraus.
Die Verhältnisse heute ähneln den Verhältnissen vor 25 Jahren sehr. Mit einem großen und wichtigen Unterschied: Die USA waren damals gerade am Zenit ihrer Macht angekommen. China war unbedeutend und Russland wand sich noch unter den Folgen der Russland-Krise 1998 und internen Machtkämpfen. Heute ist die USA herausgefordert, was nichts an ökonomischen Tatsachen ändert, aber das Risiko- und Schwankungspotential an den Märkten erhöht.