Für die Währungen der CEE ist die Entwicklung an den Börsen fast wichtiger als die wirtschaftliche Entwicklung in diesen Ländern.
Betreffend der wirtschaftlichen Entwicklung ist in den letzten Quartalen die Rückkehr zu Preisstabilität und zu wirtschaftlicher Expansion hervorzuheben.
Der Krieg gegen die Ukraine, den Russland seit drei Jahren durchhält, hat aber auch in diesen ehemaligen Warschauer Pakt Staaten zu einer deutlichen Ausweitung der Militär Budgets geführt. Russland wird wieder als unmittelbare Bedrohung erfasst. Ich gehe davon aus, dass vor allem Polen und Tschechien in dieser Hinsicht nachhaltig mehr in Rüstungsgüter investieren werden. Dabei verfügen beide Länder über eine gute industrielle Basis, die sowohl handwerklich wie technologisch auch eine gewisse Autonomie in der Produktion erlaubt und den ökonomischen Nutzen weitgehend innerhalb der eigenen Landesgrenzen zu erhalten verspricht. Alle CEE „profitieren“ von der globalen Einigung der EU mit den USA und einem einheitlichen Zollsatz für alle EU-Mitgliedstaaten (inklusive EWR).
Die Belastung mit 15% Zoll durch die USA könnte teilweise dadurch gemildert werden, dass die Hauptlast der Zölle durch US-Importeure getragen werden, deren Spannen durch zuletzt stark steigende Produktivitätsfortschritte auch diesen Anstieg an Kosten tragen helfen, ohne die Gewinnmargen dieser Unternehmen zu sehr zu belasten. Europäische Exporteure tragen diese Kosten bislang jedenfalls nicht. Zudem steigt die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen in Relation zu chinesischen Wettbewerbern, die deutlich höhere Zölle zu tragen haben. Ich vermute, dass dies auch der Grund ist, warum die EU so leicht nachgab, ebenso wie Japan. De facto belastet dies die Umsätze europäischer Unternehmen nicht, so ist es für mich auch erklärlich, dass die kleineren CEE-Währungen überhaupt nicht auf die „Belastung“ von 15% Zoll reagierten.
Die Lira bekommt langsam Rückenwind
Als ich vor genau 5 Jahren vor einem massiven Rückfall der Lira warnte, betonte ich dabei vor allem die Tatsache, dass es bei steigender Inflation (und nach Corona ging ich von weiter steigender Inflation aus), die damals in der Türkei 9,5% erreichte, ein Zinssatz von 7% unangemessen tief sei. Die erratische Wirtschaftspolitik des Präsidenten zeichnete sich als Belastung ab und ich erwartete eine stark fallende TRY bei stark steigenden Zinsen, wobei ich 3-jährige Zinsswaps zu kaufen empfahl. Dieser erlaubte es Unternehmen bei 9% Zinskosten Kurssicherungen für die darauffolgenden drei Jahre zu kaufen. Eine Maßnahme, die in der Regel als Spekulation bezeichnet wurde, die aber alle, die das dachten als eigentliche Spekulanten entlarvte: Wer bei klaren Anzeichen einer strukturellen Krise Sicherungen ausschlägt, ist ein Zocker. Unternehmen haben durch diese Uneinsichtigkeit sehr viel Geld verloren.
Heute ist die Situation nahezu umgekehrt zu 2020
Die Inflation ist auf nun knapp über 33% gesunken und die Zinsen sind aktuell noch bei 43%. So hohe Realzinsen ziehen in der Regel Anlagekapital an, erst recht, wenn die Türkei von der Aufrüstung in Europa profitieren kann und als Regionalmacht an Bedeutung gewinnen dürfte. Ich bin optimistisch für Anlagen in der Türkei und damit auch für die TRY.
Russland möglicherweise vor dem Ende des Kriegs gegen die Ukraine?
Sollte die USA eine Möglichkeit sehen, die Öllieferungen Russlands nach Indien und China beschränken oder beenden zu können, wird sie diese Maßnahme wohl ergreifen. Bei China bin ich skeptisch, bei Indien könnte die Erpressung aber verfangen. Für Russlands Interessen ist es vermutlich klüger jetzt wo die Mindestkriegsziele erreicht sind aus eigenem den Krieg zu beenden als unter stärkeren Druck zu geraten. Ich betrachte dieses Szenario als noch wenig wahrscheinlich, es nimmt aber als Möglichkeit zunehmend Gestalt an. Die Folge wäre: Ein stärkerer Euro, wohl auch stärkere CEE-Währungen und vermutlich eine Rallye der europäischen Aktien, auch weil die Energiepreise dadurch unter Druck kämen.